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| Thema: November Winternacht Sa Feb 16, 2008 4:57 am | |
| [Teil 1] Die Schreie der Mutter hallten durch die kärglich ausgestattete Unterkunft der Familie, brachen sich an den Wänden und verzerrten sich immer mehr. Der Vater und seine vier Töchter warteten gebannt im Hauptzimmer, während die Hebamme der Mutter bei der Geburt des jüngsten Kindes der Familie Winternacht im Nebenraum half. Stille Wünsche um das Wohlergehen von Mutter und Kind vermischten sich mit der Hoffnung des Vaters, endlich einen Sohn zu haben, der die Familienschneiderei übernehmen würde. Plötzlich erklang ein neuer Schrei, schwach und zittrig, fast zierlich. Erleichterung erfüllte den Raum und alle warteten auf die alte Hebamme, die der Familie nur half, weil sie schon bei den 4 Kindern zuvor half. Alle warteten gespannt auf die Verkündung der Geburt des ersten Sohnes von Talerus und Kirina Winternacht. Es dauerte eine halbe Stunde - gefühlte Jahrzehnte - bis sich die Tür öffnete. Die Hebamme lächelte strahlend, wie es nur jemand tun konnte, der sich immer und immer wieder an dem Wunder des Lebens berauscht. Sie verkündete die frohe Botschaft, die den Vater mehr enttäuschte als alles, was sie später mal tun sollte: "Ein Mädchen, kerngesund und wunderschön, wie die Mutter!" *** November lernte früh, mit wenig zu leben und nichts zu erwarten. Ihr Name war einfallslos und passte damit in die Namensreihe der ungewollten Schwestern, die ebenfalls nach dem Geburtsmonat benannt wurden. Ihre Eltern machten nie einen Hehl daraus, dass sowohl sie als auch ihre Schwestern eigentlich ein Koirealeon hätten werden sollen, ein Name als Versprechen an eine glänzende Zukunft, die ihn zum Poeten, zum Herrscher oder auch schlichter zum Helden hätte führen können. Sie war lediglich November und trug die abgetragene Wäsche ihrer Schwester Mai, welche die ihre von April auftrug. Selbst der beste SChneider hätte die Abnutzung nicht ohne Unmengen von Stoff ausbessern können und ihr Vater war weit davon entfernt zumindest ein guter Schneider zu sein. DIe Familie lebte in Armut, ihr Vater arbeitete immer seltener und die Mutter war mehr mit älteren Herren unterwegs als zuhause.November lernte von ihren Schwestern kochen und putzen, half beim Nähen und lernte Lesen und Schreiben in der Bibliothek Silbermonds, wo sie im Gegenzug fegte, putzte und sortierte. Die Wächterin der Bibliothek bemitleidete November sehr und wollte ihr oft Essen oder Kleidung schenken, doch November war zu stolz, es anzunehmen. Ihren Vater hielt es dennoch nicht davon ab, sie dafür zu schlagen, dass sie die Geschenke ausschlug und dafür, dass sie die Familie mit ihrem Autreten demütigte. |
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